Eine kleine Reihe zur Berufsfindung
Im ersten Post dieser Reihe habe ich kurz erklärt, warum ich mich mit 25, in der zweiten Arbeitsstelle meines Lebens, wieder in der Berufsberatung befinde. Hier kann man das nachlesen.
Wie die Gespräche bisher abliefen, werde ich hier berichten:
Der erste Schritt der Berufsberatung war eigentlich ein Vorgespräch: Nach einer kurzen Mail in der ich meine Situation geschildert hatte, rief mich meine Beraterin an.
Wir sprachen über die Ausgangslage: Die Rahmenbedingungen meiner jetzigen Stelle passen nicht zu meinen Wünschen und meiner bevorzugten Arbeitsweise. Allerdings schaffe ich es auch nicht mit mir selbst eine Beratung durchzuführen, da ich mir ohne Einfluss von außen keine Zeit nehmen würde und zusätzlich für unglaublich viele Berufe eine Begeisterung entwickeln kann – ohne zu wissen, ob sie mir langfristig gefallen würden.
Dankenswerterweise nahm sich die Beraterin Zeit um mir die Angst zu nehmen, dass das eine außergewöhnlich peinliche, oder schlimme Situation wäre. Sie verglich es mit einem Studienwechsel, einem Berufseintritt nach längerer Krankheit, oder Schwangerschaft und dass viele Menschen ähnliche Überlegungen hätten.
Ehrlich gesagt dachte ich mir während des Telefonierens, dass ich diese Bemerkungen gar nicht bräuchte. In den Wochen danach war ich allerdings sehr dankbar darum.
Anschließend stellten wir einen kurzen Frageplan auf:
-
Was sind meine Kompetenzen?
-
Was macht mir Spaß?
-
Wie sähe mein idealer Arbeitstag aus?
-
Welche Berufe bilden all das ab?
-
Welche konkreten Schritte folgen?
Was hier sehr deutlich zu Tage tritt ist der Aspekt des Teil der Lösung seins: Die Beraterin kann so viel beraten, wie sie möchte, aber wenn man selbst nicht mit zieht und sich Gedanken dazu macht, wird es höchstwahrscheinlich zu keinem gewinnbringenden Ergebnis führen.
Mit dieser Grundeinstellungen machten wir also einen zweiten Telefontermin aus, vor dem ich alle Kompetenzen sammeln sollte, die ich irgendwo erlernt hatte.
Eine kleine Liste mit „Lernort, Dort erledigte Aufgaben, Von dort erlernte Kompetenz, Nutzen für Arbeitgeber*innen“ sollte mir dabei helfen.
Überrascht, dass es doch so viel war, was mir einfiel, schickte ich also 4 Seiten mit dieser ausgefüllten Tabelle vor dem Telefonat an meine Beraterin.
Kompetenzbereiche, die herausstachen waren organisatorischer (Zeitplanung, Eventmanagement, Strukturiertheit, Zusammenhänge erkennen und nutzen, Protokollieren, Seminardesign…), sozialer (Bedürfnisorientiertes Arbeiten, empathisches und authentisches kommunizieren, …), technischer (Kenntnisse in vielen gestalterischen Programmen, Hardwaregrundkenntisse, digital native, …), kreativer (Texte formulieren, fotografieren, filmen, …) und präsentatorischer Art (frei und motiviert Sprechen, Bühnenerfahrung, Inhalte schnell erschließen und knapp zusammengefasst wiedergeben/lehren).
Erste Ideen bezüglich möglicher Berufe vielen von Seiten der Beraterin: social media Managerin, Prozessmangagerin. Mir fielen wieder Stellen als Stadtteilkoordinatorin, oder Wirtschaftspädagogin ein. Von letzterem weiß ich allerdings nicht, ob es überhaupt existiert.
Wichtig bei diesem Teil war es allerdings nicht zu schauen, was bräuchte man noch für zusätzliche Kompetenzen für Beruf XY. Das ist erst in Schritt 5 enthalten.
Und so fügte ich in Gedanken noch Fotografin dazu.
Die nächste Frage war: Was von diesen Kompetenzen macht mir Spaß.
Und ehrlich gesagt ist mir diese Frage sehr schwer gefallen.
Sie fällt mir tatsächlich immer noch schwer.
Ich muss noch einmal kurz ausholen, damit man versteht, woher das kommt:
Meine Hauptphase der Depression, oder wie man es auch immer nennen möchte, ich nenne es so, ist vorbei.
Während dieser Zeit allerdings (etwa 3 Jahre), gab es natürlich gute Zeiten und schöne Momente. Ein Symptom von Depressionen ist allerdings, dass diese nach dem Erleben nicht mehr zählen. Sie bleiben nicht im Kopf. Das ist keine Absicht, kein sich hineinsteigern. Einfach ein Symptom. Dementsprechend antworten die meisten Depressiven Personen, wenn man sie fragt, was ihnen Spaß macht mit nichts, oder mit Dingen, die ihnen die Zeit erträglich machen. Die ablenken. Die sie nicht an ihre inneren Schmerzen, Dämonen und erdrückenden Geschehnisse erinnern. Aber das ist noch nichts was Freude per se auslöst. Kann, muss aber nicht.
Ich habe in der Zeit unglaublich viele Let's Plays und Serien angeschaut. Manche haben mir wirklich Spaß gemacht, vor anderen hab ich einfach die Zeit tot gesessen.
Im letzten Jahr habe ich wieder angefangen mir Zeiten einzuplanen mit Dingen, die mir früher Spaß gemacht haben. Fotografieren, Streamen, Musik machen, Ausflüge mit Freunden.
Ich hab sie auch gemacht. Aber ob ich wirklich Spaß dabei hatte, kann ich jetzt schon wieder nicht mehr sagen.
Gestern hatte ich seit langem, seit Jahren eben, wieder einen Workflow. Beim Bilder bearbeiten.
Ich hatte auf dem Zweitbildschirm einen Stream laufen und habe mich meinen Fotografien dieses Jahres gewidmet.
Nicht, dass ich sehr weit gekommen wäre. Ich habe sortiert, kleine Templates für die insta-Storyhighlights erstellt und diese eingefügt.
Aber ich war bis halb 2 Uhr nachts wach. Ohne es geplant zu haben. Normalerweise gehe ich spätestens um Mitternacht ins Bett, egal ob müde oder nicht, aber ich weiß dann nichts mehr mit mir anzufangen.
Gestern konnte ich also wach bleiben, weil ich etwas mit mir anzufangen musste, in einem Workflow war und … ich glaube sogar ein bisschen Spaß beim gestalten hatte.
Unter diesem Aspekt werde ich also nochmal die Kompetenzen und generell meine Tätigkeiten durchgehen, um vielleicht doch einiges zu finden, was ich nicht nur erträglich finde und gut kann, sondern Dinge, die mir Spaß machen und ich erfüllend finde.
Der nächste Post dieser Reihe erscheint erst nach meiner nächsten Beratung, die erst Ende Oktober stattfindet.
Dann mit der Auflösung, wie ein idealer Arbeitstag aussehen könnte.