Kein Fokus


Fokussieren fällt mir nicht nur beim Fotografieren schwer.

Zumindest mit den manuellen Einstellungen. Auch im Leben. 

Sobald man mir also von außen Ziele steckt, kann ich mich gut danach richten. Zugegeben mal mehr, mal weniger. Aber eigenen Ziele? Schwierige Sache.

Allein sie mir zu stecken.

Denn ich kann alles... aber nur ein bisschen. (Natürlich kann ich nicht alles, aber wenn ich wirklich ALLES relativiere, wirds sehr anstrengend zu lesen. Sie kennen das.)

Ich fotografiere gern, ich spiele verschiedene Instrumente, schneide Videos, mache Streams, lese gerne und setze mich mit verschiedensten Medien auseinander. Außerdem interessiere ich mich für Politik, Biologie, Nachhaltigkeit, Ernährung, Mode, Zeitmanagement und Einrichtung. Aber irgendwie... kann ich nichts besonders gut und weiß auch auch in keinem der Felder besonders viel. 

Ich bin weder sportlich, noch bin ich viel gereist (oder hätte mir von den Reisen viel gemerkt), habe kein Talent, was ich längere Zeit fokussiert verfolgt hätte und dadurch herausragende Ergebnisse zeigen könnte, noch eine Eigenschaft, die ich einige Zeit an mir in den Blick genommen hätte, um jetzt die besonders Feinfühlige, Pünktliche, gut Angezogene,  Gebildete zu sein. Die, die immer mit der Kamera rumläuft und alles dokumentiert, die, die auf vielen Konzerten ist, oder sie selbst spielt, die, die so tolle Geschichten schreibt, oder die, die ihr Zuhause immer schön aufgeräumt hat und eine gute Gastgeberin ist.

Aber warum ist das so?
Zum einen fehlt mir, glaube ich, einfach der Ehrgeiz. Eine Eigenart, die ich bei mir in den allerseltensten Fällen entdeckt habe. Andere sprühen geradezu davon: Ich will diesen Beruf haben und dafür brauche ich diese Noten, ich will diesen Rekord von mir selbst knacken, ich will diese Eigenschaft z.B. singen sehr gut beherrschen, das macht mir Freude und ich stecke viel Zeit und Energie rein. .... Das hatte ich nie so wirklich. Wenn, um andere zu beeindrucken, aber nicht um auf mich selbst stolz zu sein. Oder um in einem Wettbewerb besonders gut abzuschneiden. Es ist für mich kaum nachvollziehbar, wenn andere von ihren Zielen sprechen und die mit bloßen Ehrgeiz erreichen wollen.

Wenn ich mir Ziele stecke, dann versuche ich sie so gut durchzuplanen, damit ich sie mit möglichst wenig Aufwand erreichen kann. Und nicht, weil mir der Weg dorthin leicht fällt, oder Spaß macht.

 

Vielleicht habe ich nur noch nicht das richtige gefunden?

Wobei ich hab schon einiges ausprobiert habe: Sport und Musik in vielen Varianten, social media auf diversen Plattformen und die damit einhergehende Kreativität, Schreiben, Zeichnen, Handwerkliches, Reisen, ... das einzige, was mir langanhaltend Motivation gegeben hat mich durch alle Lebenslagen hindurch zu beschäftigen waren Menschen und ihre Geschichten. Wie sie reagieren, was sie antreibt, woher sie kommen, wohin sie wollen und warum, wie gut sie sich selbst (zu) kennen (glauben), welche Meinungen sie zu anderen und zu bestimmten Themen haben. All das. Nur leider "bringt" mir das recht wenig - keine Eigenschaft wird dadurch trainiert. Denn ich kann dadurch nicht besonders gut kommunizieren im Sinne von schlichten, anleiten, beraten, streiten, erzählen, oder sonst was. Noch werde ich durch diese Interaktionen empathischer, oder verstehe mehr von Menschen im allgemeinen. Das einzige, was ich dadurch gelernt habe, war, das Differenzieren. Das ist zwar keine Eigenschaft, die richtig unnütz ist... aber es ist auch schwer in einer Bewerbung anzuführen, wenn dadurch verständlich wird, was ich meine. 

Die Frage, die ich mir dann darüber hinaus stelle ist, warum will ich eigentlich etwas besonders gut können? Vermutlich hat das etwas mit meinen Wertvorstellungen zu tun: Zum einen liebe ich es zwar an Menschen, wenn sie vielseitig sind, und vor allem vielseitig interessiert, aber richtig hervorragend finde ich es auch Menschen dabei zu beobachten und mit ihnen darüber zu reden, was sie lieben. Was sie an bestimmten Tätigkeiten fasziniert, und warum sie nicht müde werden diese zu tun. Wenn mir Menschen stundenlang von ihren Ehrenämtern und den dortigen Begebenheiten, den Quests in ihren Rollenspielen, den grandiosen Auftritten und Konzerten, dem neuen Objektiv der Kamera, den neuen Schritten beim Tanz, den Punkten beim Springreiten, den Wechseln der Spieler der Footballteams, dem Zusammenstellen eines Magic-Decks, dem Lesen eines Lieblingsbuches, oder dem Reisen in die Berge und Skifahren erzählen, dann wünsche ich mir diese Begeisterung für mich auch. Wenn sie mir erzählen, wie sehr sie ihre neuen Zimmerpflanzen lieben und wie lange sie dafür gebraucht haben, sich dafür zu entscheiden, sie zu kaufen und den perfekten Übertopf und schließlich genau diesen Stellplatz auszuwählen. Ich mag die Geschichten von Urlauben, von neuen Gitarrenliedern und höre mir gerne diese eine schwierige Stelle zehnmal an. 

 

Aber habe ich die nicht längst?

Ich liebe es zu singen.

Ich liebe es im Wald zu sein.

Ich liebe es die Rocketbeans Pen and Paper anzuschauen.

Ich liebe es gelungene Fotografien anzuschauen. Von mir und anderen.

Ich liebe es mich selbst darzustellen - zum Beispiel auf diversen social media Plattformen.

 

Das sind Sachen, die mir wirklich Spaß machen.

Aber warum fokussiere ich mich denn dann nicht darauf?
Liegt es wirklich nur an der Zeit?

Wie schaffen das andere? Muss ich nur mehr schaffen und produktiver werden?

Selbst in produktiven Wochen schaffe ich es nicht auf das Leistungsniveau zu kommen auf dem ich sein müsste, um in all diesen Bereichen und den nicht genannten weiter zu kommen, so dass es sich lohnen würde dran zu bleiben.

 

Dann eben für eines dieser aufgezählten Dinge entscheiden?

Das will ich nicht. 

Weil ich dann doch nach einiger Zeit die Lust daran verliere und wieder etwas anderes mache, was mir in diesem Moment Spaß macht - ein Buch lesen, eine Serie schauen, mich mit Freunden treffen. 

Irgendwie ist die langfristige Motivation nicht da. 

Ich weiß nicht warum.

Und ich finde es beengend mich dann auch noch für eines davon zu entscheiden.

Immer wieder gehe ich genau diesen Kreis durch.

Immer und immer wieder und ärgere mich nicht besser zu werden, beziehungsweise besser zu sein. Und weiß auch, woran es liegt. Und weiß auch, dass ich mich immer wieder dagegen entscheiden werde. 

Es ist

eine

Tragik.

 

Aber eine selbstgewählte Tragik ... und irgendwie auch schön, weil ich so selbst so vielfältig bleiben kann, wie ich andere Menschen mag.

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Evi (Freitag, 01 Mai 2020 22:39)

    Genau das ist es Britta,
    Bleib so vielfältig wie du bist, dann kommst du am besten durchs Leben.